Mein letzter Leuchtturm: die Grünen

Wolfgang Röhl auf „Die Achse des Guten“

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Die großen Instanzen sind weg. Geblieben die Fragen. Libyen zum Beispiel. Ich für meinen Teil verstehe nicht, was da abläuft. Lagen Merkel und Westerwelle nicht doch damit richtig, die Deutschen raus zu halten? Hätte man die Stämme ihre Verteilungsprobleme nicht besser unter einander ausschießen lassen sollen? „Zivile Opfer“ hätte – und hat – es in jedem Fall gegeben, mit oder ohne Nato. Wer will sagen, wie die Rechnung am Ende aussieht? Und wen müsste die Nato denn noch angreifen, wenn man ihre Begründung für den Einsatz – Diktator misshandelt „sein Volk“ – konsequent anwendet? Die halbe Welt, oder? Warum eigentlich wurden Mugabes Schergen nie angegriffen? Warum nicht die Reitermilizen im Sudan? Warum nicht die Militärs in Burma? Warum nicht die Machthaber in Nordkorea? Warum nicht der Jemen, der Iran?

Weil es geopolitisch nicht geht, klar. In Libyen geht vielleicht was. Vor allem geht´s da um Öl. Wäre schön, wenn das mal jemand ausspräche, der etwas oberhalb der ARD- und ZDF-Talkrunden angesiedelt ist. Dann hätten wir eine unmoralische, aber ehrliche Instanz.

Für die kleinteiligen Fragen des Lebens bleibt zum Glück ein Leuchtturm: die Grünen. Wenn ich mal nicht weiß, was ich von gewissen Dingen halten soll, weil ich da nicht à jour bin – Pläne für Bahnhofsumgestaltungen, Flussvertiefungen, Verkehrsvorhaben, Industrieansiedlungen, Forschungsprojekte, Energiekonzepte, Tierschutz, soziale Weichenstellungen, Kultursubventionierung, Familienförderung, Integrationspolitik, you name it, dann höre ich mir einfach an, was die Grünen dazu sagen. Und gehe getrost davon aus, dass das Gegenteil vernünftig ist. In neun von zehn Fällen, so meine Erfahrung, landet man damit auf der richtigen Seite.

Der Claudi und ihren Leuchtturmwärtern: herzlichen Dank.

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Unser Recht auf Schutz

Dem ist nichts hinzuzufügen:

Brennende Autos und willkürliche Gewalttaten werden zur ständigen Bedrohung, die Menschen fühlen sich hilflos. Um die individuelle Freiheit zu schützen, muss der Staat wieder wehrhafter werden

Am Tag, an dem dieser Leitartikel erscheint, wird es wieder Meldungen von brennenden Autos in Berlin oder Hamburg geben. In einer anderen Stadt kann es auf einem Bahnsteig zu einer brutalen Gewalttat gekommen sein. Oder es sind Polizeibeamte und Feuerwehrleute bei einem Einsatz angegriffen worden. Eventuell hat es auch einen neuen monströsen Amoklauf gegeben. Jede Tat hat ihre einzelnen Opfer, doch trifft sie auch die gesamte Gesellschaft. Denn die Gewalttäter wählen ihre Opfer nicht als einzelne Individuen aus; sie sind beliebige Objekte ihrer Willkür. Es kann jeden treffen – und das macht die Gewalt zu einem Politikum. Die Menschen werden unsicher, ob sie noch jederzeit von ihren kleinen und großen Freiheiten Gebrauch machen können. An diesem Punkt ist unser westlicher, offener Lebensstil tatsächlich bedroht. Die Erfahrung der Wehrlosigkeit ist verheerend. Die Bürger müssen mit ansehen, wie leicht und folgenlos die Täter agieren können. Bei vielen ist der Eindruck entstanden, der Staat sei am Ende seines Lateins.

Weiterlesen: Die Welt vom 20.08.11

 

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London brennt – Berlin leider noch nicht

Das bedauert zum Beispiel „riot“ auf Indymedia:

(mit 2x Klicken vergrößern – mit Back-Button zurück zum Artikel)

Die Seite ist nach wie vor online, obwohl auf Indymedia regelmäßig direkt zu Straftaten aufgerufen wird, sowohl gegen Sachen als auch gegen Menschen. Beispielweise gab es während der letzten Fußball-WM einen Wettbewerb, der Prämien auslobte für das gewaltsame Erbeuten von Deutschlandfahnen- und T-Shirts. Der „revolutionäre“ 1. Mai wird hier regelmäßig logistisch vorbereitet, die Brandanschläge von 2009 in Athen mit Todesopfern wurden begeistert gefeiert und Haßbotschaften, mit Adressenveröffentlichung für freiwillige Vollstrecker, gegen Andersdenkende gehören von jeher zum Standardprogramm. Merkwürdig verhalten reagieren Medien und Verfassungsschutz auf diese theoretische Vorbereitung von Gewaltstraftaten.

Offenbar gilt hier in der medialen Aufarbeitung nicht das Verursacherprinzip, welches zum Beispiel die gesamte islamkritische Szene in Sippenhaft nimmt für das Attentat des geisteskranken Mörders in Norwegen. Ein Beleg für die Unsinnigkeit solcher Schuldzuweisungen ist vor allem, dass es nach der Tat keine weltweiten begeisterten Demonstrationen der Zustimmung gab, wie z.B. nach islamistischen Anschlägen üblich. Attentate wie in New York, London, Madrid und anderen Orten sind tatsächlich die Folge ideologischer  Vorarbeit und kommen aus dem Herzen einer Religion genannten Ideologie, die weltweit mit Gewalt und Mord agiert aber in unserer offiziellen Sprache ganz explizit als Islamismus vom eigentlichen Islam unterschieden werden soll.  Laut beklagt wurde das Vorurteil von „Terrorismusexperten“, die unmittelbar nach dem Anschlag in Oslo einen islamistischen Hintergrund vermuteten. Die Basis dieser Vermutungen waren allerdings keine Ressentiments sondern die schlichtweg größere Wahrscheinlichkeit. Als zum Beispiel während des Mordes an Marwa El-Sherbini in einem Dresdener Gerichtssaal der zur Hilfe eilende Polizist im Irrtum auf den helfenden Ehemann des Opfers schoß und nicht auf den europäisch aussehenden wirklichen Angreifer, dann hatte auch das mit der größeren Wahrscheinlichkeit zu tun als muslimische Frau eher von einem nahen Verwandten ermordet zu werden anstatt von einem Fremden.

London brennt – der deutsche Innenminister hält solche Zustände in Deutschland für unmöglich. Zu gut integriert seien Migranten und sozial schwache Schichten. Der Berliner Innensenator erklärt das verstärkende Polizeikräfte aus den anderen Bundesländern dazu gerufen würden. Na dann sind wir ja beruhigt. Kein „Wehret den Anfängen“ wabert durch das Feuilleton. Die leidenschaftliche Kapitalismuskritik tragen viele der Medienmacher und Meinungskontrolleure seit ihrer Studentenzeit im Herzen. Und wenn es bei uns wider Erwarten zu solchen Ausschreitungen kommen sollte, überlegen wir gemeinsam, was wir als Gesellschaft falsch gemacht haben, dass junge Menschen so verzweifelte Dinge tun.

Gut erklärt werden die Ursachen in der „Welt“ vom 10.08.11:

„Wegerzogene Anstrengungskultur

Andererseits ist es genauso wahr, dass wir in den durchlässigsten Gesellschaften leben, die es historisch gesehen je gab. Das heutige Großbritannien unterscheidet sich eben deutlich von dem am Beginn der Industrialisierung, als es undenkbar war, dass ein Arbeiterkind jemals den Aufstieg schaffen würde. Heute geht das. Das Unterschichtskind muss sich nur ein wenig mehr anstrengen als die Tochter aus dem Bürgertum, um nach oben zu kommen. Und hier kommen wir zur eigentlichen gesellschaftlichen Misere in den europäischen Elendsvierteln: Gerade den auf Sozialhilfe lebenden Unterschichten haben die Jahrzehnte des fürsorglichen Sozialstaats jede Anstrengungskultur wegerzogen. Denn es ist ja nicht so, dass der Staat in den Problemvierteln keine Bildungsangebote machen würde. Nur viel zu viele entscheiden sich, diese Angebote gar nicht zur Entwicklung der eigenen Fähigkeiten annehmen zu wollen. Schließlich gibt es auch keinen Grund dafür. Der Scheck vom Sozialamt kommt ja ohnedies.

Hang zur Selbstviktimisierung

Die Plünderer und Brandschatzer sind Kinder genau jenes Anspruchsdenkens, das nur noch danach fragt, was die Gesellschaft einem angeblich schuldet anstatt zu fragen, was man selbst zur Gesellschaft (oder auch nur zur eigenen Entwicklung) beitragen könnte. Jahrelang wurde ihnen eingeredet – und sie haben es sich selbst eingeredet – , dass sie Opfer der Verhältnisse sind. Und dieser Hang zur Selbstviktimisierung macht es dann weit einfacher, die Schwelle zur Gewalt zu überschreiten. Schließlich holt man sich ja nur das, wovon man glaubt, dass es einem ohnehin zustehen würde.

Es ist deshalb höchste Zeit, die Debatte wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen und das Offensichtliche zu artikulieren: Jeder ist seines Glückes Schmied und selbst dafür verantwortlich, ob er die vielen Gelegenheiten nutzen will, die ihm die Gesellschaft zur Ausbildung und zum Aufstieg bietet. Die marodierenden Banden von London, Liverpool und Birmingham sind keine Sozialrevolutionäre. Es sind Verlierer, die anstrengungslosen Wohlstand wollen und nun die Gelegenheit gesehen haben, eine Abkürzung zu nehmen, indem sie Scheiben von Läden einschlagen und sich dann bedienen.

Diese Phänomene wird man nur eindämmen können, wenn man diesen Leuten keine Entschuldigungen mehr liefert für ihr Verlierertum. Das heißt, den Sozial-Diskurs weg zu führen von den angeblich so widrigen Verhältnissen und wieder nach der Eigenverantwortung jedes Einzelnen zu fragen. Die Gesellschaft kann und sollte Chancen eröffnen. Ergreifen muss sie dann schon jeder selbst.“

Die Linke und die Gewalt:

 

Anbei ein Fundstück aus dem Netz zum „Vorgehen“ der Londoner Polizei bei einer  Demonstration 2009. „Allahu Akbar“ und „Free Free Palestine“ intoniert der Mob und abgesehen von dem Verdacht, die Demonstranten kämpfen irrtümlich an einem völlig falschen Ort für ihre Freiheit, könnte man annehmen die Polizisten in „Londonistan“ haben eine Spezialausbildung im Rückwärtsgehen absolviert und das ehemals als Eigensicherung bekannte Verhalten wurde aus der Dienstvorschrift gestrichen. Die Pistole am Gürtel dient jedenfalls offensichtlich nur noch als Gegengewicht zum Funkgerät.

 

„Übrigens wurden die #LondonRiots auf Englisch verabredet. Die Sprache wird hier unschuldigen Kindern beigebracht. Denkt mal darüber nach.   “ Twitter“

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Sarrazin befreite Zone

Sarrazin hat sich da eine ganz miese Nummer erlaubt und das Gebührenfernsehen ließ sich von ihm sogar noch einspannen. Er stolzierte einfach so durch Kreuzberg, obwohl doch jeder wusste, wie das ausgehen wird. Mit Protesten, spontaner Mobbildung und Gewaltandrohungen. Alles vom ZDF aufgenommen, das den Beitrag am kommenden Freitag senden wird. Es ist eine billige Provokation, die da abgelaufen ist. Man könnte auch einen Juden durch eine national befreite Zone schicken oder einen Fan von Schalke 04 in den Block des BVB setzen. Überall wäre der Skandal vorprogrammiert. So auch in Kreuzberg.

Es ist bekannt, dass Kreuzberg weltoffen, fröhlich und kreativ ist, aber alles hat natürlich seine Grenzen. Die Kreuzberger Toleranz zum Beispiel deckt folgende Problemfälle nicht ab:  Atomkraft-Befürworter, S21-Unterstützer, Juden, Sarrazin, BILD-Leser, Banker, FDP-Mitglieder, CDU-Mitglieder, ausländische Touristen, Porsche-Fahrer, McDonalds, Aktienbesitzer und Schwule.

Außerdem ist nicht willkommen, wer kein Antikapitalist und kein Antiimperialist ist, wer im Kolonialismus nicht den Hauptgrund für die Probleme Afrikas sieht und den Westen nicht an und für sich schlecht findet. George Bush ist (weiterhin) das Böse, der Papst ebenfalls, dafür Ahmadinedschad aber nicht, weil das rassistisch und islamophob wäre und Rassisten und Islamophobe in Kreuzberg nix verloren haben. Die DDR war kein Unrechtsstaat, die Amis sind am 11. September selbst schuld (auch wegen Südamerika, Pinochet und so, die ganze Außenpolitik halt) und außerdem, wer hat die Taliban denn früher unterstützt? Kriege führt man immer ums Öl, sogar auf dem Balkan, wo es keines gibt. Polizeieinsätze sind Faschismus, der menschgemachte Klimawandel ein Fakt und wer „Deutschland schafft sich ab“ gelesen hat, ein Nazi. Noch schlimmer als lesende Nazis sind aber schreibende Nazis. Und da schließt sich der Kreis, denn Sarrazin hat dieses Buch ja geschrieben und nun wurde er also nach Kreuzberg geschickt, wo der fröhliche Antifaschismus gar nicht anders konnte, als daraufhin Leute zu bedrohen, die mit dem populärsten SPD-Mitglied diskutieren wollten.

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Wie Deutschland zum Buhmann der Uno wurde

„Hungernde Schulkinder, vernachlässigte Alte und diskriminierte Ostdeutsche: Ein Uno-Bericht zeichnet ein trostloses Bild der Bundesrepublik. Die Regierung ist nun verärgert. Zu Recht? Ein genauer Blick auf das Zustandekommen des Reports lässt tatsächlich an einigen Befunden Zweifel aufkommen.“

Um es mal etwas abgekürzt vorwegzunehmen – Attac, der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener und der Verein Intersexuelle Menschen durften in Berichten und Fragestunden ihre Sicht der Dinge schildern. Mit Hilfe dieser Informationen verfasste der Ausschuss dann seinen Bericht. Die restlichen „Fakten“ wurden aus alten Studien und Zeitungsausschnitten (!) zusammengeklaubt. Verantwortlich für den Bericht ist Christiane Lüst, Sozialpädagogin und Betreiberin des Umweltzentrums Öko & Fair in Gauting, GEN-Klage-Aktivistin, Mitglied bei der Menschenrechtsorganisation Fian und  ÖDP-Kandidatin für den bayerischen Landtag 2008, eine Frau die sich für gewöhnlich vor allem auf Kreisebene dem Kampf gegen Mobilfunkgrenzwerte, Gentechnik und Straßenverkehr sowie der Beratung von Eltern Homosexueller verschrieben hat. Nun der ganz große Wurf: Die UNO veröffentlicht eine Studie über die Situation in Deutschland, die maßgeblich auf dem Bericht des illustren Ausschusses beruht, ohne Daten und Fakten vom Statistischen Bundesamt oder anderen Behörden zu verwenden. Die deutschen „Qualtätsmedien“ jazzen das Ganze in gewohnt masochistischer Manier hoch und alle anderen Berufsempörten haben es ja schon immer gewußt. – Es bleiben aber offene Fragen: Ist die soziale Lage in der restlichen Welt inzwischen so erfreulich, dass die UNO das kritische Augenmerk auf Deutschland legt? Ist von anderen UNO-Studien genausoviel faktische Treue anzunehmen? Und wann löst Frau Lüst aus Penzberg endlich Ban Ki Moon ab, um Somalia, Äthiopien oder Afghanistan vor Mobilfunk, Gentomaten und Straßenverkehr zu schützen.

Andree G.

Der Text auf SPON:

Hamburg – Für Sozialverbände, Gewerkschaften und die Linke kam der Uno-Bericht zur sozialen Lage in Deutschland wie gerufen. Eine solche Steilvorlage für Kritik an der Sozialpolitik der Bundesregierung, noch dazu von den Vereinten Nationen, haben sie vermutlich noch nie erhalten.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund warf der Bundesregierung am Donnerstag „Ignoranz vor der dramatischen Lage vieler Menschen vor“. Der Sozialverband Deutschland sprach von einem „Alarmruf der Völkergemeinschaft zur rechten Zeit“, und Linke-Chef Klaus Ernst rechnete gleich mit der Politik der vergangenen 20 Jahre ab: Der Uno-Bericht, so Ernst, sei ein „beschämendes Dokument des Scheiterns aller Regierungen seit der Wiedervereinigung“. Doch der kollektive Aufschrei kam möglicherweise zu früh. Denn ein genauerer Blick auf das Zustandekommen des Berichts lässt tatsächlich Zweifel an der Aussagekraft mancher Befunde aufkommen.

Den neunseitigen Länderbericht über Deutschland hat der Uno-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verfasst. Das vorläufige Papier – die endgültige Fassung des Berichts steht noch aus – stellt der Bundesrepublik ein vernichtendes Urteil in der Sozial- und Gesellschaftspolitik aus. Unter anderem heißt es darin, dass

  • 1,3 Millionen Menschen nicht von ihrer Arbeit leben könnten und 13 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben würden,
  • die Arbeitslosenquote in Ostdeutschland immer noch doppelt so hoch sei wie die im Westen,
  • 25 Prozent der Schüler ohne Frühstück zum Unterricht gingen und von Mangel- und Unterernährung bedroht seien, weil nicht in sämtlichen Schulen Mittagessen bereitgestellt werde.

Die Bundesregierung reagierte mit Unverständnis auf den Bericht . Er sei „in weiten Teilen nicht nachvollziehbar und auch nicht durch wissenschaftliche Fakten belegt“, heißt es im Sozialministerium. Es gebe „kein einheitliches Raster, keine Uno-weiten einheitlichen Standards, keine allgemein definierten Maßstäbe, an denen Deutschland gemessen“ werde.

Eine Anfrage von SPIEGEL ONLINE an den Uno-Ausschuss blieb unbeantwortet. Doch wer den Bericht studiert, kommt ins Grübeln.

„Querschnitt aus verschiedenen Studien und Artikeln“

Zweimal jährlich – im Frühjahr und Herbst – tagen in Genf für mehrere Wochen 18 Mitglieder des Uno-Ausschusses. Deutschland muss alle fünf Jahre Bericht erstatten. Im Mai war es wieder so weit. Die Bundesregierung legte dem Gremium ihre Sicht zur Sozialpolitik dar und beantwortete Fragen. Auch Nichtregierungsorganisationen wie Attac, der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener und der Verein Intersexuelle Menschen durften in Berichten und Fragestunden ihre Sicht der Dinge schildern. Mit Hilfe dieser Informationen verfasste der Ausschuss dann seinen Bericht.

Darin heißt es unter anderem: „Der Ausschuss beobachtet mit Sorge, dass 25 Prozent der Kinder ohne Frühstück zur Schule gehen und dabei die Gefahr der Unterernährung besteht, weil nicht in allen Schulen die Möglichkeit für ein Mittagessen besteht.“ Belege und Quellen dafür liefert der Report nicht.

Auffällig ist aber: Die Vorwürfe weisen Parallelen zum Bericht von Attac und dem „Forum-Pflege-aktuell“ auf, den die beiden Organisationen gemeinsam an den Ausschuss lieferten. „In der Bundesrepublik kommt die Hälfte der Kinder an Grundschulen und weiterführenden Schulen häufig ohne Frühstück zum Unterricht und bekommt auch in der Schule nichts“, beklagen sie. Und weiter: „Kinder leiden oft an Unterernährung, weil nicht dafür gesorgt wird, dass sie ein Mittagessen bekommen.“

Und wie kamen nun Attac und Co. an diese Daten? Die Informationen und Zahlen basierten auf einem „Querschnitt aus verschiedenen Studien und Artikeln“, sagt Christiane Lüst, die den Bericht mitverfasste. Sie und ihre Kollegen haben ihre Angaben aus einer Studie aus dem Jahr 2003 sowie aus Online- und Zeitungsartikeln aus den Jahren 2006 bis 2010 zusammengebastelt.

Eine Münchner Hauptschule soll als Beispiel für Deutschland dienen

Als Beleg wird zum Beispiel ein Artikel aus dem Jahr 2008 über eine Münchner Hauptschule genannt. Als der Rektor dort in einer Klasse fragte, wer zu Hause ein Frühstück bekomme, bekam er von der Hälfte der Schüler ein Nein. Aus solchen Berichten könne man ein „Mittelmaß“ ziehen, sagt Lüst. Die Angaben im Bericht seien „als grober Rahmen“ für den Uno-Ausschuss gedacht. Statistiker raufen sich da die Haare.

Während die Bundesregierung beklagt, der Uno-Ausschuss habe ihre Positionen zu wenig berücksichtigt, ist NGO-Vertreterin Lüst zufrieden: „Die Ausschussmitglieder sehen die Regierungen mit einem gesunden Maß an Kritik“, sagt sie. Der Bericht sei „schon mehr aus Sicht der NGO“ geschrieben. Auf deren Angaben seien die Uno-Leute angewiesen – schließlich müssten sie Berichte über mehrere Länder verfassen. „Ich denke, es ist nicht üblich, dass die sich noch eigenes Datenmaterial ranholen“, sagt Lüst. „Die Ausschussmitglieder sind ja keine Insider.“

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Bedrohte Schweinefleischfresser

Der Tagesspiegel entdeckt neue Wege und Wahrheiten. Und er beklagt: „Die Bundesrepublik muss sich einem Problem stellen, das bislang unterschätzt, wegdiskutiert oder gar nicht erst wahrgenommen wurde. Obwohl man sehen und hören kann, was da rumort.“ – Ja, lieber Tagesspiegel. Wer sich nicht nur bei euch oder anderen Mainstream-Postillen informiert, weiß schon länger um die wirklichen Zustände im Land.

„Jugendliche in Deutschland als Opfer und Täter von Gewalt“  ist eine Studie des Instituts von Christian Pfeiffer. Sogar diese Studie ergab unter anderem, dass lediglich 10,4 Prozent aller Gewaltdelikte solche waren, bei denen ein deutscher Täter auf ein nichtdeutsches Opfer traf, hingegen 36,2 Prozent aller Gewalttaten von Nichtdeutschen an Deutschen begangen wurden. (S.45), obwohl der Anteil der Nichtdeutschen in der Vergleichsgruppe nur 27 Prozent betrug. Das Pfeiffersche Institut bemüht sich zwar redlich die Zusammenhänge und Zahlen umzudeuten und als Begründung fortwährend die Korrelation von Bildungsdefiziten und Kriminalität aufzuzeigen – trotzdem liegt auch hier klar auf der Hand, dass rassistische Übergriffe wesentlich häufiger von Nichtdeutschen auf Deutsche erfolgen als umgekehrt. An anderer Stelle wird in der Studie berechnet und beklagt, dass Deutsche sich Türken nicht als Nachbarn wünschen, aber Türken sehr wohl gern deutsche Nachbarn haben. Man muß nicht Sozialwissenschaften studieren und Institute gründen, um zu erkennen, dass nicht die Ausländerfeindlichkeit der Deutschen die Ursache dafür ist, sondern der Umstand, dass niemand gern potentielles Ofer von Straftaten sein möchte. Man kann dem Tagesspiegel-Autor seine Verwunderung über die Unterrepräsentation der tatsächlichen Mißstände in den Medien nicht recht abnehmen, schreibt er doch ebenfalls für ein Blatt, was genau darauf achtet, in der Berichterstattung die Nationalität bei Tätern zu verschweigen und bei Opfern deutlich herauszustellen, außer es handelt sich um Deutsche. Bestenfalls darf der Leser sich die Begriffe „südländisch“ und „Migrant“ zurechtdeuten – so werden Italiener bzw. Koreaner pauschal mitverdächtigt. – Wir freuen uns trotzdem wenn die freie Presse den Weg zurück vom volkspädagogischen Bildungsauftrag zum Informationsmedium findet. Besser spät als nie!

Andree G.

Hier der Artikel:

Rassistische Gewalt gegen Deutsche in Deutschland wurde zu lange wegdiskutiert. Wer grundlos Passanten mit den Worten „Scheiß Deutsche“ attackiert, ist ähnlich gestrickt wie ein Angreifer, der „Scheiß Kanaken“ brüllt.

Von dem Überfall gibt es Videobilder. – Foto: Polizei

Der Fall schreckt auf und beschämt. Vermutlich erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik hat eine Staatsanwaltschaft junge Migranten angeklagt, aus Rassenhass gegen Deutsche einen Mord versucht zu haben. Auch wenn für die Angeklagten weiterhin die Unschuldsvermutung gilt, ist der brutale Angriff, dem im Februar zwei Deutsche in Berlin auf dem U-Bahnhof Lichtenberg ausgesetzt waren, ein Warnzeichen und ein greller Weckruf.

Rassistische Gewalt gegen Deutsche in Deutschland war bislang kaum ein Thema, weder in der Politik, noch in den Medien oder in der Gesellschaft überhaupt.

Doch was sich auf dem U-Bahnhof abgespielt hat, ist offenkundig kein singuläres Phänomen, wie schon die Ermittlungen in diesem Fall zeigen. Da ist von weiteren Angriffen der vier jungen Migranten aus Kenia, Bosnien, dem Kosovo und dem Irak die Rede, von grundlosen Beschimpfungen deutscher Passanten als „Nazischwein“ und „Scheiß Deutscher“, von Schlägen und Tritten, ähnlich brachial wie bei Gewaltorgien rechtsextremer Skinheads. Alles neu?

Die Bundesrepublik muss sich einem Problem stellen, das bislang unterschätzt, wegdiskutiert oder gar nicht erst wahrgenommen wurde. Obwohl man sehen und hören kann, was da rumort. Im Dezember 2007 prügelten ein Türke und ein Grieche in München einen Rentner fast tot, dabei wurde auch er als „Scheiß Deutscher“ tituliert. Der Fall erregte bundesweit Entsetzen, die dann folgende Debatte drehte sich aber mehr um eine Verschärfung des Jugendstrafrechts als um das Thema deutschenfeindlicher Gewalt an sich.

Es folgten weitere Angriffe, in Gelsenkirchen und wieder in München, bei denen die Täter ihr Opfer wegen seiner deutschen Herkunft beleidigt haben sollen. Im vergangenen Jahr wagte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, auf Fälle deutschfeindlichen Mobbings in Schulklassen hinzuweisen, in denen Migranten die Mehrheit stellen. Dass deutsche Mitschüler als „Schweinefleischfresser“ diskriminiert wurden, war nur ein Beispiel. Doch auch da verebbte die Debatte bald.

Die große Mehrheit schweigt. Warum das gefährlich ist und der NPD ein Feld eröffnet, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Hier der ganze Artikel im Tagesspiegel

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Provokation als Strategie

Von Cengiz Dursun | Veröffentlicht am: 30. Juni 2011 auf  PRIMAVERA

Theodor Herzl schrieb in seinem 1896 erschienenen Buch “Der Judenstaat”: “Wir werden auch drüben bleiben, was wir jetzt sind, so wie wir nie aufhören werden, unsere Vaterländer, aus denen wir verdrängt wurden, mit Wehmut zu lieben.” Diese herzerschütternden Zeilen sollte jedem Gutmenschen, der im Israel-Palästina-Konflikt für eine Einstaatenlösung plädiert, zu denken geben, denn die Juden verfolgte man schon seit dem Mittelalter, und deshalb ist ein Schoah-Vergleich, wenn es um die Diskriminierung von Minderheiten in Deutschland geht, unzulässig.

Im Gegensatz zu den Schariaisten, die die Gesellschaft verachten, in der sie leben, liebte Herzl seine Heimat aus tiefstem Herzen. Doch intolerante Menschen, die ein theonom-kommunitäres Welt-, Gesellschafts- und Menschenbild vertreten, und die autochthone Mehrheitsgesellschaft als “ungläubige Schweinefleischfresser” betrachten, sind nicht Opfer, sondern Täter. Sie leben von Ressentiments, so wie die Integrationsindustrie, denn ohne diese wären sie arbeitslos.

Das Ziel der Salafisten ist es, zu provozieren, denn wenn es um die Diskriminierung von Minderheiten geht, gehen bei den Gutmenschen sofort die Alarmglocken an und sie erinnern sich plötzlich an “dunkle Zeiten in Europa”. Die Gutmenschen in Großbritannien haben die Probleme mit der “muslimischen Minderheit” dadurch versucht zu lösen, indem sie schariaistische Elemente in das Recht eingeführt haben – und dasselbe Ziel verfolgen die hiesigen Salafisten. Provokation gehört demnach zur Strategie, denn je mehr Hass entsteht, desto größer ist die Chance, dass die allesverstehenden Gutmenschen auf dumme Gedanken kommen.

Auch Pierre Vogel hat seit der Kundgebung in Frankfurt erkannt, dass er es sich lieber nicht mit den Linkschaoten der Antifa verscherzen sollte und hielt zur Sicherheit einen Vortrag über Rosa Luxemburg – die man aufgrund ihrer Weltanschauung, laut den Gesetzen der Scharia, als erste hingerichtet hätte.

Doch ich habe eine gute Idee: Wir errichten ein kleines staatliches Territorium, das komplett abgeriegelt wird, und gewähren den religiösen Fanatikern die Scharia. In diesem werden auch Gutmenschen, Sozialromantiker und Linkspartei-Funktionäre leben. Dann wäre ein für alle Mal Schluss mit diesem Affentheater und wir hätten unsere Ruhe vor diesen Kretins.

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Gaza-Seeblockade – Die erste Flottille ein Hit, die zweite ein Flop

Not an Bord

Die “humanitäre Katastrophe”, die in Gaza herrschen soll, spielt sich zwischen gut gefüllten Supermärkten und den vielen Einrichtungen der UNWRA ab, die seit 1950 die Palästinenser versorgt. Im Leitfaden für die Flottille-Teilnehmer heißt es: “Es ist während der gesamten Reise verboten, mit Teilnehmern oder mit Palästinensern im Gaza-Streifen Sex zu haben.” Was nur einen Schluss zulässt: Die “Not” an Bord der Schiffe muss wesentlich größer als die in Gaza sein.
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article13460704/Die-erste-Flottille-ein-Hit-die-zweite-ein-Flop.html

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Das Nahostproblem hat seinen Sitz in Teheran

Dr. Frank-Walter Steinmeier (FWS), Thomas Oppermann und andere Lichtgestalten der Außenpolitik unseres Landes haben mit der SPD-Fraktion einen Antrag formuliert, der intimste Kenntnisse der Nahost-Problematik verrät und gleichzeitig den einzig richtigen Weg zu deren Lösung aufzeigt. Der israelische Siedlungsbau muss aufhören. Direkte Friedensgespräche sollen beginnen. So macht man das. Und schon wird alles gut. Nicht ganz neu und der Begriff „Friedensprozeß“ ist wohl auch der größte Euphemismus unserer Zeit. Aber für ein paar wohlwollende Schlagzeilen in den nur allzu gerne Platitüden multiplizierenden Massenmedien ist dieser „Antrag“ immer gut.

Ich möchte hier nicht den Eindruck erwecken, ich hegte, was die Aussenpolitik angeht, eine besondere Abneigung gegen den sich stets staatstragend gerierenden FWS und seine Genossen. Dessen aussenpolitische Reflexe bewegen sich zwar zuverlässig auf dem Niveau eines Gymnasiasten, der nach zweistündiger Wikipedia-Recherche einen Besinnungsaufsatz über die „Nahost-Problematik“ verfasst. Aber sie sind keineswegs erschreckender als die des im Auswärtigen Amt irrlichternden Aussenministers W. Dieser geht auf eine iranische Erpressung ein (Freiheit für zwei Springer-Journalisten für einen PR-Besuch) und wertet das Mörder-Regime in Teheran auf, indem er Ahmadinedschad coram publico die Hand schüttelt.

1938 all over again. Chamberlain-Helfershelfer-Hitler.1938 all over again. Chamberlain-Helfershelfer-Hitler.

Er instrumentalisert die Bundesbank für einen Öl-Deal zwischen dem Iran und Indien und leistet damit wohl Beihilfe zur Verletzung von UN-Sanktionen und ist postwendend unterwegs zum nächsten größten Fettnäpfchen im Sudan, um sich dort bei dem Regime des vom Kriegsverbrechertribunal in Den Haag mit Haftbefehl gesuchten Staatschefs Al-Bashir als „ehrlicher Makler und Mittler“ anzudienen. Ach ja. Die Libyen-Abstimmung bei der UN. Und die US-Atomwaffen, die deutschen Boden kontaminieren. Bei diesem Bild des Schreckens neigt man zu dem Fehler, die genschersche Aussenpolitik positiv zu beurteilen.

Es ist zum Verzweifeln, dass die Laiendarsteller, die die Richtlinien der deutschen Aussenpolitik bestimmen, demnach auch nicht erkennen, dass im Nahen Osten gerade jetzt der ganz grosse Jackpot im Spiel ist. Während die Nato mangels entschlossener amerikanischer Führung in Libyen deutlich macht, dass sie nicht einmal in der Lage ist, einen Kameltreiber aus seinem Wüstenzelt zu bomben, findet in Syrien ein Aufstand statt, dessen Erfolg für einen revolutionären Wandel im Nahen Osten enorme Optionen bieten würde.Es ist nicht nur ein Gebot der Humanität, die ja angeblich auch die Hauptmotivation hinter dem Libyen-Einsatz war, den Aufständischen in Syrien zu helfen. Es ist im nationalen Interesse eines jeden freiheitlichen, demokratischen Staates, ein schnelles Ende des Assad-Regimes herbeizuführen. Derweil dominieren in dieser Frage Appeasement und strategische Blindheit, wenn nicht gar unappetitliche Anbiederung. Wer die Geschichte des Massakers von Hama kennt, der weiß einzuschätzen, welchen enormen Mutes es bedarf, sich gegen die Mörder-Mafia in Damaskus und ihre Helfer in Teheran zu erheben. Die Regierungen in Damaskus und Teheran sind Feinde des freien Westens. Sie sind keine Reformer und werden nie welche sein. Sie unterstützen einander. Ein Regime zu schwächen oder zu stürzen hieße, das andere zu stürzen oder zu schwächen. Fällt Assad, ist die Hamas geschwächt, die ihr Hauptquartier in Damaskus hat. Ist die Hamas geschwächt, gilt dies auch für deren Terrorkader im Gaza-Streifen, die Gilad Shalit gefangen halten (an dessen Freilassung der SPD ausweislich ihres Antrags ja gelegen ist), Israels Zivilisten bombardieren und einem Frieden mit dem jüdischen Staat im Wege stehen (ein Blick in ihre Charta, die u.a. die Vernichtung Israels anstrebt, ist eine prima Wochenendlektüre für deutsche Aussenpolitiker).

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Hagen Rether ist ein Arschloch

28. Mai 2011

Am heutigen Sonnabend lädt sich die Frankfurter Kulturszene, die sich entgegen ihres eigenen Anspruchs vor allem durch lähmende Provinzialität auszeichnet, eine ganz besonders hässliche Figur des politischen Kabaretts in die Alte Oper. Hagen Rethers Programm verspricht „Liebe“ und liefert doch nur den wenig sublimierten Hass auf alles, was der deutschen Gemütslage widerstrebt. Auf seiner Website rühmt sich der Kleinkünstler, dem der Ekel ins Gesicht geschrieben steht, etwas zu besitzen, „das selten ist: Eine Haltung. Er weicht nie aus, sondern bezieht Stellung, auch wenn die unbequem ist.“ Und zwar aus „wahrhaftiger, aber selten gewordener Liebe zur Wahrheit.“

Wer sich in Deutschland damit brüstet, laut und unverblümt die Wahrheit zu sagen, war schon immer mehr als nur ein gewöhnlicher Lügner. Das Großmaulgetue, das sich auf Wahrheit beruft, ist nichts anderes als das Ressentiment des Autoritären gegen all das, wovon er sich verfolgt fühlt. In einer Gesellschaft, deren Unbehagen an den eigenen Institutionen stetig wächst, deren Bürger endlich wieder gemeinsam auf die Straße gehen, Grün wählen, Spiegel lesen und den Tod eines Terroristen beklagen, dessen Exekutoren sie am liebsten am Strick sähen, hat ein sadistischer Jammerlappen wie der Rether eine prominente Funktion. Das in seiner Ohnmacht eingesperrte und um sein Leben geprellte nachbürgerliche Subjekt erlebt, außer der eigenen Unzufriedenheit, nichts Bedeutsames mehr. Deshalb will es wenigstens kräftig fühlen. Emotionale Aufwallungen besorgen für den Moment den Ausgang aus der Langeweile, die einsetzt, sobald die Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verlassen. Weil sich die richtige Stimmung nicht von selbst einstellen will, gibt es für jedes Gefühl das passende Mittel: gegen Depression die Pille, für die Geilheit den Porno und für die politische Ekstase den Hassverkäufer. Hagen Rether beherrscht die Kunst, gelangweilte Deutsche für einige Momente in aufgeschreckte Deutsche zu verwandeln. Dabei bekommt das Publikum nur Bekanntes – das eigene Leben im Schnelldurchlauf: dumm rumsitzen und an den richtigen Stellen lachen. Die richtigen Stellen, das sind die, die jedem Trottel im Publikum deutlich machen, wer der Feind ist. Rether geht bei seinen Evokationen meistens nur einen kleinen Schritt weiter als andere traurige Gestalten der Bespaßungsindustrie. Gerade weil er Nächstenliebe predigend Amerika den Krieg erklärt, weil er die Opfer des islamistischen Terrors verhöhnt und die verstorbene Frau seines Konkurrenten Herbert Grönemeyer noch ein zweites Mal kulturindustriell verwertet, indem er aus dessen öffentlicher Totenklage eine Lachnummer macht, verkauft er ein paar Karten mehr als diejenigen, die es weniger drauf haben, die konformierende Asozialität aus der Latenz zu locken. Es ist das Prinzip des deutschen Humors, dass die Pointe nur dann sitzt, wenn sie als Verächtlichmachung des Beargwöhnten zelebriert wird, sodass im Hohngelächter der Bescheidwisser erlösende Identität sich herstellt. Rethers Bürgschaft für die deutsche Sache besteht in dieser kathartischen Sabotage von Reflexion. Und er glaubt den Mist, den er verzapft; er ist der Jürgen Klopp der deutschen Ideologie. Für diese Authentizität liebt man ihn. Was ihm an Witz und politischer Überzeugungskraft fehlt, gleicht er durch mangelnde ästhetische Form aus. Dass ihm vom Feuilleton dennoch immer wieder virtuose Sprachkunst mit brillantem Wortwitz angedichtet wird, spricht lediglich für die Verkommenheit der Schreiberzunft. Denn Rether spricht ein Deutsch, „vor dem es jede Sau im deutschen Lande, jedoch nicht dessen Bürger graust: die Sprache derer, die zwar deutsch fühlen, aber nicht können.“ (Karl Kraus) Seine Vorträge sind kaum komponiert; er redet oft einfach wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Sätze oder ganze Abschnitte beendet er mit Floskeln wie „Ja aber hallo“, „ist doch so“ oder „geht’s noch?“, die im alltäglichen Sprachgebrauch signalisieren, dass der Sprecher an seine intellektuelle und sprachliche Grenze stößt. Wer weiß, vielleicht beschleichen den Pianoplauderer in solchen Momenten Selbstzweifel. Hat er etwa nicht Recht? Wie weit kann er gehen? Geht’s noch weiter, oder ist er bereits über das Ziel hinausgeschossen? Gerade in dieser symbolischen Offenbarung der Nicht-Identität, des Sprachzerfalls, ist Rether das getreue Abbild des Wutbürgers, in dem es rumort, der aber nicht weiß, was da warum in ihm rumort und gegen wen oder was seine Wut sich zu richten hätte. Die Funktion des deutschen Spaßmachers gleicht der des politischen Scharfmachers: beide demonstrieren Identität. Sie verkörpern die Instanz, die es dem Publikum qua Identifikation erlaubt, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und die Wut an der gesellschaftlich produzierten Malaise an anderen abzureagieren. Identität herrscht dementsprechend auch im Verhältnis von Text und Musik, mit der Rether seine Vorträge zu begleiten pflegt, so bspw. wenn er die berühmte Sentenz aus dem Choralsatz der 9. Symphonie Beethovens zitiert und die zur harmonischen Europahymne verfratzte Komposition in Stellung bringt gegen die angebliche Kulturlosigkeit Amerikas. Rether beginnt seine Ode an die Freude so:  „Geht’s uns gut! (…) Sechzig Jahre Menschenrechte, davon acht Jahre Bush, ist doch mal’n Schnitt. (…) Die Öl-Lobby im Weißen Haus, was hat die für Elend gebracht? America, home of the grave! Vor den Zynikern an der Wallstreet hätten wir mal Angst haben sollen, die letzten acht Jahre. Da hatte der zynische Zwerg Bin Laden aber Bauklötze gestaunt, was die da, die Lehman Brothers, in drei Tagen zerstören. Gegen diese Kapitalverbrecher sind die unterbelichteten Bombenbastler von Al Kaida ein Furz in den Wind. Das ist Globalisierung.“ – Das ist europäische Globalisierungskritik. Und die Musik gibt in Gestalt der Europahymne, die dem Inhalt der Hasstirade konvergierend das geeinte Deutscheuropa dem „großen Satan“ USA entgegensetzt, den Takt der falschen Versöhnung vor. Die infantile Regression, die in solchen weltgeschichtlichen Betrachtungen zum Ausdruck kommt, ist jedoch nicht alleine der individuellen Pathologie eines Spinners geschuldet. Nicht nur in Rethers Welt wimmelt es von Zwergen, Bauklötzen, Fürzen und bösen Menschen. Weil er eine spinnerte Welt stellvertretend rationalisiert, kommt er bei denen gut an, die immer wieder an deren Zumutungen scheitern. Was dabei rauskommt, wenn am Undurchschauten und Unbegriffenen die Wut wächst, ist bekannt und kann an Rether nochmals studiert werden. Schuld sind Kapitalverbrecher, Börsenspekulanten und – selbstredend – Israel und seine Freunde. Rether hat sich einmal selbst als „humanistischen Nazi“ bezeichnet. Als solcher träumt er vom endgültigen Sieg des Terrors über die Vernunft und einer Welt, in der niemand mehr die Friedhofsruhe der Mörder stört: „I had a dream. Stellen Sie sich vor, Amerika hätte nach dem 11. September nichts unternommen. Nichts. Die Flugzeuge wären in die Türme gekracht, über dreitausend Menschen wären gestorben und es wäre furchtbar gewesen. (…) Stellen Sie sich vor, Amerika wäre ein christliches Land. Man würde nicht an Rache denken, sondern an Vergebung.“ „Es wäre auf keinen Fall schlechter als es heute wäre“, meint Rether. „Herta Däubler-Gmelin wäre noch im Amt und wir müssten uns nicht bei jedem Inlandsflug an die Klöten packen lassen.“ Die christliche Mitleidsethik, die Rether hier als rationale Methode der Terrorismusbekämpfung gegen die amerikanische „Cowboymentalität“ in Anschlag bringt –  und die sich streng ans Schillersche Original hält („Groll und Rache sei vergeben / unserm Todfeind sei verziehn“) –, ist freilich nur die oberflächliche Rationalisierung eines tief sitzenden Unbehagens an der Kultur, das ihn dazu veranlasst, mit jenen zu sympathisieren, die ihr Misslingen befördern.

der ganze Artikel von Gruppe Morgenthau

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